lifestyle: pillowtalk – sieben Monate hormonfrei

Heute wird es hier mal ein bisschen intimer. Ich habe mich lange mit dem Thema auseinandergesetzt und lange, lange selbst mit mir und meiner Entscheidung gehadert. Seit sieben Monaten lebe ich nun hormonfrei und es ist mir ein Bedürfnis darüber zu sprechen und meine Erfahrungen mit euch zu teilen, weil dieses Thema – meiner Meinung nach – immer noch viel zu häufig unter den Tisch fällt. Eigentlich sollten wir in einer Zeit wie dieser offen über uns, unseren Körper und unsere Einstellung zu diesem sprechen können. Sexuelle Vorlieben und Orientierung – Sex im Allgemeinen – und die Verhütung sollten keine Tabuthemen sein. Sollten…

Vornweg: Ich verfüge über keinerlei medizinisches Fachwissen und teile hier nur meine ganz persönlichen Erfahrungen. Ob meine Entscheidung, die ich durchaus als richtig empfinde, auch auf euch zutrifft, kann ich nicht beurteilen und ihr solltet euch mit euren Fragen und Bedenken lieber an den/die Gynäkologen/in eures Vertrauens wenden!

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An den Tag, an dem ich meine Periode das erste Mal bekam, kann ich mich heute noch bis ins kleinste Detail erinnern. Wir waren Minigolf spielen, als mir schlagartig schlecht und eiskalt wurde. Meine Hände begannen zu zittern, ich hatte höllische Kopfschmerzen und in mir zog sich alles zusammen. Ich musste mich setzen, alles tat mir weh. Meine Mutter schob es auf die Hitze, dass ich zu wenig getrunken und gegessen hatte. Als wir am Abend zuhause ankamen, gab alles einen Sinn. »Mamiiii«, schrie ich wie am Spieß während mir die Tränen über das Gesicht kullerten. Meine Mutter stürmte ins Badezimmer und als sie sah, was der Auslöser der Heulattacke war, nahm sie mich in den Arm, küsste mich und sagte »Jetzt bist du eine Große!«. Ich war 13 Jahre alt.

Mit Beginn meines Zykluses begannen auch die Tage und Nächte mit unsäglichen Bauchkrämpfen, die teilweise so schlimm waren, dass ich nicht zur Schule gehen konnte. Meine Mutter und ich hatten schon immer offen über Sex und Verhütung gesprochen, wodurch sie mir auch die Angst vor dem ersten Frauenarzt besuch nahm. Mit 14 Jahren erhielt ich von meiner Fraunärztin die Pille “Minisiston”. Mit ihr verschwanden alle Symptome. Die Regelschmerzen wurden weniger, die Blutung nahm ab und verkürzte sich nach und nach auf vier bis fünf Tage.

Mit 15 Jahren hatte ich dann den ersten richtigen Freund. Es wurde zum ersten Mal so richtig intim. Doch mit der Zeit stellte ich fest, dass mein Verlangen nach sexueller Aktivität immer weniger wurde. Damals hatte ich mit mit der Thematik noch nicht so befasst, denn ansonsten wäre mir “Libidoverlust” da schon ein Begriff gewesen. Aber ich war zu jung…  Auch bei den Partnern danach war das Laken wälzen anfangs kein “Problem”, doch nach ein paar Monaten kehrte auch da diese verflixte Unlust zurück.

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Von der Pille zum Nuvaring

Neben dem beinahe gänzlichen Verlust meiner Libido plagten mich immer wieder schreckliche Kopfschmerzen und ich suchte meinen Frauenarzt auf. Nach reichlicher Überlegung sprach ich ihn gezielt auf den Nuvaring an. Nach Rücksprache mit meinem Arzt entschloss ich mich, von der oralen zur vaginalen Verhütung zu wechseln. Der Nuvaring ist ein durchsichtiger, weicher Kunststoffring mit einem äußeren Durchmesser von ca. 5 cm. Über diesen Verhütungsring werden die Hormone Gestagen und Östrogen in kleinen Mengen über drei Wochen hinweg in den Blutkreislauf abgegeben. Der Vorteil im Gegensatz zur Pille: die Hormone werden nicht täglich mit einem Schub an den Körper abgegeben, sondern gleichmäßig über den Zeitraum verteilt. Außerdem sind die Hormondosen wesentlich geringer bei gleichbleibender Wirkung.

Nach ca. einem Jahr mit dem Nuvaring als Verhütungsmittel machte sich jedoch wieder die Unlust bemerkbar und das anfängliche »ich will mit ihm schlafen« wurde zu einem »ich muss mit ihm schlafen«. Anstatt mich mit dem Verlust meiner Libido zu beschäftigen nahm ich diese Veränderung einfach so hin, was rückblickend betrachtet, einfach nur dumm war.

Nach 12 Jahren hormonfrei

Ende Dezember 2017 beschloss ich dann, der Hormonflut ein Ende zu bereiten. Ich hatte in jeglicher Hinsicht sowieso keine Lust auf Männer, warum also nicht neu starten und gleich an der wichtigsten Stelle richtig ansetzen? Ich zog den Ring im Januar ein letztes Mal und zerriss das Rezept für das neue Quartal. Einer der wenigen Vorsätze für das neue Jahr war also, hormonfrei zu sein. Mir war klar, dass ich meinem Körper nach den ganzen Jahren erst einmal Zeit geben musste um zu seinem natürlichen Rhythmus zurückzufinden. Angst vor den möglichen Nebenwirkungen wie Haarausfall oder zunehmenden Hautunreinheiten hatte ich nicht. Ich muss jedoch gestehen, dass ich knapp zwei Monate nach meiner Entscheidung diese fast wieder revidiert hätte. Ständige Stimmungsschwankungen, Wassereinlagerungen in den Beinen, den Händen und dem Gesicht machten mir zu schaffen und ich fühlte mich schrecklich. Aber: bitte nicht den Mut verlieren, weitermachen – ich bin wirklich froh, an meinem Entschluss festgehalten zu haben, denn es pendelte sich alles ein & die “Nebenwirkungen” der Umstellung stellten sich von selbst ein.

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Meine erste Regelblutung nach absetzen der Hormone bekam ich nach knapp drei Monaten, Anfang April. Die ungeschönte Wahrheit ist, dass ich das Gefühl hatte, mir würde jemand den Uterus herausreißen. Mein Becken spannte, ich konnte weder richtig sitzen, noch stehen oder liegen. Nach einem Tag war der ganze Spuk aber auch schon wieder vorbei. Die Schmerzen behandelte ich mit Wärme (Wärmflasche oder Wärmepflaster). Ging es gar nicht anders, nahm ich Schmerzmittel. Da realisierte ich das erste Mal so wirklich, was ich meinen Körper in den letzten 12 Jahren eigentlich zugemutet hatte. Durch die jahrelange Anwendung von Hormonpräparaten gaukele ich meinem Körper eine permanente Scheinschwangerschaft vor, unterdrückte den Eisprung und verhinderte stetig den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. Wenn ich noch dazu an die Nebenwirkungen denke, wird mir schlecht. Libidoverlust, Ausfluss oder Vaginalpilze sind noch harmlos im Gegensatz zu den erhöhten Risiken wie Schlaganfall, Herzinfarkt, Unfruchtbarkeit oder Diabetes.

 

Allmählich hat sich mein Zyklus wieder eingependelt und kommt halbwegs regelmäßig. Hin und wieder verschiebt er sich um eine Woche nach vorn oder nach hinten, was auch ganz oft vom Stressfaktor abhängt. Neben den starken Menstruationsbeschwerden an den ersten beiden Tagen habe ich hin und wieder mit PMS (Prämenstruelles Syndrom) zu kämpfen, das sich bei mir aber immer ganz unterschiedlich äußert und an manchen Tagen sehe ich aus wie ein Streuselkuchen. Auch den Eisprung nehme ich inzwischen bewusst wahr. Für den Partner sollte es (wenn er schlau ist) btw. auch kein Problem sein, dass wir Frauen auf Hormone verzichten. Im Gegenteil, er sollte die Einstellung zu diesem Thema gut finden und einen unterstützenden Part übernehmen.

2 Kommentare

  1. Mia
    7. August 2018 / 19:58

    Wie willst du denn in Zukunft verhüten, liebe Leni?
    Das beschäftigt mich ganz arg,

    • Leni
      Autor
      7. August 2018 / 22:39

      Letztendlich verhüte ich seit 7 Monaten mit Kondomen. Die sind genau so wenig wie die Pille oder der Nuvaring zu 100% verlässlich. Ich kann mir partout nicht vorstellen eine kupferspirale oder Kette dauerhaft in mir zu tragen…

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